7 Wege, Vielfalt wertschätzend zu kommunizieren

Diversity und Inklusion sind wichtige Themen auch für Texter*innen, Lektor*innen, Marketing- und Presseverantwortliche sowie alle, die Inhalte in die Öffentlichkeit tragen. Ob geschlechtergerechte Sprache, diskriminierungssensible Formulierungen oder barrierefreie Contentgestaltung – immer mehr Konsument*innen erwarten heute eine Vielfalt wertschätzende Kommunikation, die alle einschließt. Für uns Kreative kann das eine Herausforderung sein, an deren Anfang die individuelle Selbstreflexion und Sensibilisierungsarbeit steht. Diese Arbeit kannst du zum Beispiel mithilfe von Büchern, Diversity-Trainings und Antidiskriminierungs-Workshops angehen. Doch wie überträgst du das Gelernte in deinen Alltag?

In diesem Artikel gebe ich dir sieben Beispiele für Kommunikationswege, mit denen du deinen Content diversitysensibler und Vielfalt wertschätzend gestalten kannst. Teilweise überschneiden sie sich und greifen ineinander. Deshalb empfehle ich dir, nach und nach alle sieben Konzepte einmal genauer anzuschauen. Hier kannst du dir einen Überblick verschaffen!

1. Diversityinklusive Kommunikation

Oft werden Inhalte aus der Perspektive einer Norm erstellt, die nicht mit der realen gesellschaftlichen Vielfalt übereinstimmt. So wird zum Beispiel vorangenommen, dass Protagonist*innen und Konsument*innen weiß, heterosexuell, gesund, nicht behindert etc. sind. Vielleicht kennst du diese Werbungen, in denen glückliche Standardfamilien aus Mutter, Vater, Tochter, Sohn und Hund mit großem Auto vorm eigenen Haus dargestellt werden. Auch wenn die Medien inzwischen schon mehr Vielfalt abbilden, gibt es immer noch Verbesserungspotenzial!

Diversityinklusive Kommunikation bedeutet also, Menschen verschiedener Diversity-Dimensionen einzubeziehen und die Vielfalt unserer Gesellschaft realistisch abzubilden. Frage dich daher bei jedem Text, den du schreibst, jedem Post oder Video, das du produzierst: Berücksichtige ich innerhalb meiner Zielgruppe ganz bewusst alle Geschlechter, verschiedene Altersgruppen, vielfältige Religionen und Weltanschauungen, Menschen mit und ohne Behinderung, verschiedene Familien- und Beziehungskonstellationen, unterschiedliche Ethnien, Sprachen und Erscheinungsbilder, …?

Beachte: Es geht nicht darum, immer alle Eventualitäten abzuhaken. Im Gegenteil kann das schnell zu Phänomenen wie Diversity-Washing oder Queerbaiting führen. Wichtig ist, ein Bewusstsein für Diversity zu erlangen und nicht von der eigenen Lebensrealität als Norm oder Standard auszugehen. Natürlich sollst du dabei deine Zielgruppe im Blick behalten. Anhaltspunkte und Tipps für deine diversityinklusive Kommunikation bieten dir meine Diversity-Checkliste oder die Diversity-Sprechstunde.

2. Geschlechtergerechte Sprache

Auch das gehört zu inklusiver Kommunikation: Indem du deine Texte und Sprache genderst, schließt du alle Geschlechter ein. Wahrscheinlich kennst du schon die ein oder andere Variante – neutrale Formulierungen, Sternchen, Unterstrich und Doppelpunkt usw. Über diesen Teil Vielfalt wertschätzenden Kommunizierens wird schließlich besonders viel diskutiert. Die eine richtige Art zu gendern gibt es nicht. Wie du die passende Variante für deine Texte findest und einfach anwendest, erfährst du in meinen Blogartikeln der Kategorie Gendern. Außerdem kannst du mein Buch „Richtig gendern für Dummies“ lesen oder an einem meiner „Gendern leicht gemacht“-Workshops teilnehmen.


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3. Diskriminierungsfreie Kommunikation

Gesellschaftliche Vielfalt bewusst einzubeziehen, ist das eine. Diskriminierende Formulierungen und Bilder, Stereotype und Klischees zu vermeiden, das andere, was es zum Vielfalt wertschätzenden Kommunizieren braucht. Gerade am Anfang passiert es Kreativen oft, dass sie zwar vielfältige Lebensrealitäten in ihrem Content einbeziehen, sie aber stereotyp oder sogar abwertend und benachteiligend darstellen. Nicht zu unterschätzen ist auch „positive“ Diskriminierung wie Inspiration-P0rn oder die pauschale Zuschreibung bestimmter „guter“ Fähigkeiten und Eigenschaften. Wann immer in deinem Kopf der Gedanke „Die sind eben so!“ aufploppt, ist das ein Alarmzeichen. Nun ist Achtsamkeit gefragt: Kennst du tatsächlich alle Menschen, die der „Die“-Gruppe angehören? Sind diejenigen, die du kennst, wirklich alle „so“? Und hat es etwas mit ihrer Gruppenzugehörigkeit zu tun, wie sie „sind“?

Diskriminierungsarm kommunizieren zu lernen, ist ein Prozess. Es ist nicht realistisch, dass du in kurzer Zeit die gesamte menschliche Vielfalt erfassen, verstehen und respektvoll mit ihr umgehen kannst – wenn das überhaupt jemals möglich ist. Lass dich also nicht von dem Umfang dieses Themas verunsichern, sondern fang an, das ist am wichtigsten. Es gibt viele verschiedene Diskriminierungsformen, zum Beispiel:

  • Rassismus
  • Sexismus
  • Queer-/Homo-/Transfeindlichkeit
  • Ableismus (Diskriminierung in Bezug auf Behinderung)
  • Ageismus (Diskriminierung in Bezug auf Alter)
  • Klassismus
  • Antisemitismus
  • Adultismus (Diskriminierung von Kindern)
  • Linguizismus (Diskriminierung in Bezug auf die (Erst-)Sprache)

Indem du sie kennenlernst und dich explizit mit diskriminierenden Formulierungen oder Bildern und deren Herkunft auseinandersetzt, wirst du Stück für Stück Vielfalt wertschätzender kommunizieren.

4. Gewaltfreie Kommunikation

Die gewaltfreie Kommunikation ist ein Konzept, das von dem Psychologen Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde und auf Empathie als Grundvoraussetzung beruht. Es eignet sich beispielsweise für eine friedliche Konfliktlösung, kann aber auch in der alltäglichen Kommunikation hilfreich sein. Gewaltfreie Kommunikation erfolgt in vier Schritten:

  1. Situation beobachten: Tritt innerlich einen Schritt zurück. Versuche festzustellen, was in der Situation tatsächlich passiert ist, was getan und was gesagt wurde.
  2. Gefühle wahrnehmen: Spüre in dich hinein und mach dir bewusst, welche Gefühle in dir aufsteigen. Frage dich, was die Situation mit dir macht und wie es dir damit geht.
  3. Bedürfnisse kommunizieren: Sage deinem Gegenüber, welche Bedürfnisse sich aus deinen Gefühlen ergeben. Teile ihm mit, was du gerade brauchst oder dir wünschst und was passieren würde, wenn dein Bedürfnis erfüllt würde. Bleibe bei dir und sende Ich-Botschaften, statt Schuldzuweisungen oder Vorwürfe.
  4. Bitten formulieren: Sage deinem Gegenüber, was es für dich tun und wie es dich unterstützen kann. Stelle keine Forderung, sondern bitte um das, was du dir von deinem Gegenüber im nächsten Schritt wünschst.

Natürlich steckt noch viel mehr hinter dem Thema gewaltfreier Kommunikation; es gibt ganze Bücher und Trainings dazu! Indem du dich intensiver mit dieser Art des Miteinandersprechens beschäftigst, lernst du, wertschätzender auf andere Menschen zuzugehen.

5. Barrierefreie Kommunikation

Kommunikationsbarrieren abzubauen hilft, Inhalte allen zugänglich zu machen – also auch Menschen mit Behinderung. Realisieren kannst du das durch verschiedene Maßnahmen wie:

Außerdem zählen Systeme wie die Brailleschrift, das Lormen (ein Tastalphabet), Gebärdensprache oder Leichte Sprache zu den barrierearmen Kommunikationsarten. Barrierefreie Contentgestaltung fängt aber schon weit vor der Redaktion an: Auch die technischen Möglichkeiten müssen gegeben sein. Dazu gehört es, Bereiche wie Programmierung, Dokumente, Funktionen und Design barrieren- und diskriminierungssensibel umzusetzen. Für Texte ist vor allem wichtig, dass sie verständlich geschrieben sind, die Schrift ausreichend groß und kontrastreich ist und du eine leicht lesbare Schriftart verwendest. Interessant zu wissen ist auch, wie du möglichst barrierefrei gendern kannst.

 

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6. Visuelle Kommunikation

Bilder machen Inhalte leichter verständlich und zugänglicher. So gibt es bei einigen Vorträgen oder Konferenzen inzwischen bunt gestaltete Live-Visualisierungen. Auch für Texte in Leichter Sprache werden zusätzlich leichte Bilder verwendet.

Durch Bilder transportierst du jedoch oft noch unbewusster Stereotype und diskriminierende Darstellungen als durch deine Sprache. Deshalb ist es wichtig, achtsam zu sein und immer zu hinterfragen, warum du welches Bild mit einer bestimmten Personengruppe in Verbindung bringst. Deine Texte kannst du durch einen Diversity-Check oder ein Sensitivity-Reading prüfen lassen. Das funktioniert natürlich auch bei Fotos, Illustrationen und Bewegtbild.

7. Leichte und Einfache Sprache

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Sprache zu vereinfachen und so unterschiedlichen Zielgruppen zugänglicher zu machen. Die Leichte Sprache ist die am stärksten vereinfachte Variante, die vor allem für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen konzipiert wurde. Texte in Leichter Sprache folgen festen Regeln und müssen grundsätzlich von einer Prüfgruppe gegengelesen werden. Die Einfache Sprache ist eine Zwischenstufe zwischen Leichter und Standardsprache. Dann gibt es noch die „bürgernahe“ Sprache, die alltagssprachlich gestaltet ist und weitgehend ohne Fachsprache oder Fremdwörter auskommt. Alternativ kannst du schwierige Begriffe erklären oder ein Glossar anlegen.

Deine Texte werden je nach Branche vermutlich am ehesten in „bürgernaher“ Standardsprache verfasst sein. Zusätzlich bieten viele Websitebetreibende eine Version in Leichter und/oder Einfacher Sprache an. Diese Versionen lesen neben der ursprünglichen Zielgruppe zum Beispiel auch Menschen, die gerade erst Deutsch lernen, eine Lese-Rechtschreib-Schwäche haben, funktionale Analphabet*innen sind, Gebärdensprache als Erstsprache haben oder von einer Hirnschädigung oder Demenz betroffen sind. Lies dazu gern den Gastartikel von Expertin Andrea Halbritter und erfahre elf spannende Fakten über die Leichte Sprache.

Welche dieser sieben Kommunikationswege wendest du bereits an in deinem Arbeitsalltag? Welche Schwierigkeiten begegnen dir dabei? Schreib es in die Kommentare!