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Queerbaiting vermeiden – So sprichst du die LGBTIQA+-Community wirklich an

Was ist Queerbaiting? Marketing für LGBT+

Zuletzt geändert am 3. Juni 2021


Den Pride-Month nehmen viele Unternehmen zum Anlass, die LGBTIQA+-Community zu umwerben. Das kommt nicht immer gut an – vor allem, wenn sich hinter regenbogenfarbenen Profilbildern eher das Gegenteil von Unterstützung queerer Menschen verbirgt. Queerbaiting ist hier das Stichwort. Ähnlich wie Clickbaiting zieht es zwar im ersten Moment Interessierte an. Die hauen aber ganz schnell wieder ab, wenn sie merken, dass sie einem leeren Versprechen auf den Leim gegangen sind.

In diesem Artikel zeige ich dir, wie du Queerbaiting vermeidest und wie du LGBTIQ+-Personen wirklich ansprichst.

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Pride, Pride, Pride – Regenbögen überall

Ist dir in letzter Zeit aufgefallen, dass viele Unternehmen ihre Logos oder Profilbilder in Regenbogenfarben tauchen? Und dass plötzlich überall Werbung mit LGBTQIA+-Inhalten zu sehen ist? Das liegt daran, dass der Juni Pride-Month ist. In diesem Monat erinnert sich die queere Community an die Stonewall Riots, die im Juni 1969 Jahren stattfanden.

In den letzten Jahren hat die Akzeptanz der LGBTIQA+-Community zugenommen. Auch in Deutschland wurden 2017 die Ehe für alle und 2019 den Geschlechtseintrag „divers“ eingeführt. Die Themen Vielfalt und Inklusion sind heute in aller Munde! Dennoch gibt es noch viel zu tun. So sind beispielsweise lesbische Eltern noch nicht gleichgestellt und trans- und intergeschlechtliche Menschen kämpfen aktuell um ein Selbstbestimmungsgesetz, dass das diskriminierende TSG („Transsexuellengesetz“) ablösen soll. Zudem gilt Homosexualität bis heute in ca. 72 Ländern als strafbar. Pride-Paraden und Aufmerksamkeit auf die Diskriminierungserfahrungen queerer Menschen sind also nach wie vor wichtig und notwendig.

Wenn Pride Month ist, werben besonders viele Unternehmen mit queeren Inhalten – auch solche, die sich mit dem Thema sonst nie beschäftigen. Manche Firmen posten auch einfach nur einen Regenbogen auf Instagram und schreiben darunter „love is love“. Ob solche Inhalte schon Queerbaiting sind, hängt ganz davon ab, wie das Unternehmen sich sonst so zu diesem Thema verhält. Und damit sind wir auch schon bei der Hauptfrage dieses Artikels angelangt.

Regenbogenfarbene Blüte

 

 

Was ist Queerbaiting?

Der Begriff Queerbaiting ist vor allem aus dem TV- und Filmbereich bekannt. Die Produzierenden legen sozusagen „queere Köder“ aus. Das heißt, das potenzielle Publikum bekommt den Eindruck, der Film oder die TV-Serie würde queere Personen oder z. B. eine homoerotische Beziehung beinhalten. Dieser Eindruck wird oft absichtlich durch entsprechende Werbung erzeugt. In Wahrheit erfüllt der Film oder die Serie diese Erwartungen jedoch nicht. So gelingt es, die queere Zielgruppe anzuziehen, ohne konservative Zielgruppen eventuell zu verschrecken. Natürlich ist das keine besonders nachhaltige Strategie.

Ähnliches passiert manchmal auch bei Unternehmen, die im Juni vorübergehend einen Regenbogen als Profilbild haben oder mit queeren Inhalten werben. Sie ziehen damit die LGBTIQA+-Community an. Wenn sie die Erwartungen, die sie gesät haben, nicht erfüllen, handelt es sich möglicherweise um Queerbaiting. Oft entsteht dieser Eindruck aber auch unbewusst. Stell dir vor, du möchtest deine queere Zielgruppe wirklich gerne ansprechen und nachhaltig binden – aber so intensiv hast du dich nun auch wieder nicht mit ihr beschäftigt; dazu fehlt dir einfach die Zeit. Schon kann es passieren, dass du dir einen Shitstorm zuziehst und das Gegenteil erreichst.

Tatsächlich ist es gar nicht so einfach zu erkennen, ob es sich um echte Repräsentation bzw. Unterstützung der LGBTIQ+-Community oder um Queerbaiting handelt. Manchmal werden Unternehmen auch des Queerbaitings beschuldigt, obwohl sie eigentlich die richtigen Intentionen hatten. Wie dir das nicht passiert, zeige ich dir gleich noch.

Hier sind erst einmal einige Anzeichen für Queerbaiting („echt“ oder „versehentlich“):

  • Ein Unternehmen veröffentlicht ausschließlich im Pride-Month LGBTIQA+-Content oder -Werbung.
  • Die Darstellungen wirken unbeabsichtigt stereotyp oder abwertend.
  • Ein Unternehmen legt sich ein regenbogenfarbenes Profilbild zu, führt aber keine LGBTIQ+-freundlichen Aktionen durch – z. B. für seine Mitarbeiter_innen oder in Form von Spenden an LGBTIQA+-Organisationen o. Ä.
  • Ein Unternehmen agiert gegenteilig zu seinen Aussagen – es verhält sich z. B. respektlos oder abwertend gegenüber queeren Lebenswelten.

Letzteres ist natürlich die schlechteste Form von Queerbaiting und kann dem Image sehr schaden. Ein Beispiel dafür ist die Plattform YouTube, die jedes Jahr zum Pride Month in die Kritik gerät. Auf seinen Social-Media-Kanälen hat YouTube auch jetzt gerade ein regenbogenfarbenes Logo und postet Pride-Content. Gleichzeitig wird der Plattform immer wieder vorgeworfen, Videos mit queeren Inhalten nicht anzuzeigen oder nicht mit Werbeanzeigen auszustatten, an denen die YouTuber Geld verdienen. Oder sie werden unnötigerweise mit Altersbeschränkungen versehen. Diese Entscheidungen trifft übrigens kein Mensch, sondern bislang fehleranfällige Software – was nebenbei zeigt, wie Uploadfilter die Vielfalt im Netz einschränken können.

Queere Menschen wollen nicht nur im Juni gesehen werden, sondern immer!

Dos und Don’ts für dein queerfreundliches Business

Okay, denkst du. Ich möchte die LGBTIQA+-Zielgruppe ansprechen, aber wie kann ich Queerbaiting vermeiden? Am wichtigsten ist: Poste nicht irgendwas zum Pride-Month, nur weil es gerade alle tun. Beschäftige dich lieber nachhaltig mit der LGBTIQ+-Zielgruppe. Informiere dich, bilde dich weiter, lies Bücher und Blogs oder schau Dokus zur Geschichte, Gegenwart und den Kämpfen der Community. Queere Menschen wollen nicht nur im Juni gesehen werden, sondern immer!

Natürlich darfst du weiterhin Regenbögen posten. Aber das allein reicht nicht. Selbst wenn es nicht deine Absicht ist, könnte es als Queerbaiting gewertet werden, wenn du bloß auf den Pride-Zug aufspringst, ohne echtes Interesse an einer Auseinandersetzung mit der queeren Community zu zeigen. Wenn du die LGBTIQA+-Zielgruppe wertschätzen möchtest, solltest du eine nachhaltige und gut durchdachte Strategie haben – für mehr als einen Monat im Jahr. Das kommt viel besser an und hilft eher weiter als kurzfristige Lippenbekenntnisse.

Hier sind einige Dos und Don’ts für dein Business, mit denen du anfangen kannst, deine Wertschätzung queeren Menschen gegenüber zu zeigen

DO DON’T
Beschäftige dich ausführlich mit deiner queeren Zielgruppe und interagiere mit ihr. Poste nicht einfach irgendetwas mit Regenbögen, nur weil es alle tun.
Sprich LGBTIQ+-Personen das ganze Jahr über inklusiv an – z. B. indem du in deinen Texten genderst und vielfältige Darstellungen wählst. Der Pride-Month ist eine wunderbare Gelegenheit, der queeren Community deine Wertschätzung zu zeigen – aber nicht die einzige.
Sei ehrlich und authentisch. Sag nicht nur, dass du LGBTIQA+-freundlich bist – sei es! Umwirb queere Menschen nicht, wenn du sie z. B. in deinem Personal, deiner Kundschaft oder privat nicht unterstützt und wertschätzt.
Denk dir eine sinnvolle Pride-Month-Aktion aus! Ideen dazu findest du weiter unten. Ein regenbogenfarbenes Profilbild reicht allein nicht aus.
Lass mich deinen Content mit meinem Diversity Check prüfen. Ich helfe dir, Vielfalt wertschätzend zu kommunizieren! Nutze keine stereotypen Darstellungen, wenn du die LGBTIQ+-Zielgruppe ansprechen möchtest.

5 Ideen für deine Kommunikation ohne Queerbaiting

Wenn du die LGBTIQA+-Zielgruppe ansprechen möchtest, solltest du eine nachhaltige und gut durchdachte Strategie haben – für mehr als einen Monat im Jahr. Ein Regenbogen-Profilbild reicht da nicht aus. Auch kein Pride-Posting mit der Beschreibung „Love is Love“. Lass deinen Worten Taten folgen!

Hier sind einige Ideen, mit denen du deine Wertschätzung von queeren Menschen besser rüberbringst:

  1. Bilde dich über LGBTIQA+-Themen weiter, informiere dich, lies Bücher, Blogs, schau Dokus. Statt die Regenbogenfahne zu schwenken, mach in dieser Phase lieber einen ehrlichen Post darüber, was du gelernt hast und wie du es in deinem Business umsetzen möchtest.
  2. Poste Content, mit dem sich deine LGBTIQA+-Zielgruppe identifizieren kann. Wie wäre es, wenn du eine_n queere_n Mitarbeiter_in interviewst? Frage, welche Erfahrungen sie_er als LGBTIQA+-Person am Arbeitsplatz gemacht hat. Achte darauf, dass du diese Person nicht als Aushängeschild benutzt, sondern beziehe queere Kolleg_innen aktiv in die Planung der Aktion ein.
  3. Veranstalte ein Pride-Event für deine Mitarbeiter_innen und poste Fotos oder Videos davon auf deinen Social-Media-Kanälen. Daran hat jede_r Spaß, egal ob queer oder nicht – versprochen! 😉
  4. Verbanne Geschlechterkategorien und heteronormative Annahmen aus deinem Angebot. Ja, klingt erstmal krass. Gender-Marketing gibt es schließlich vor allem zu einem Zweck: Profit. Es bringt also einfach gesagt mehr Geld. Andererseits ist ein geschlechtsneutrales Sortiment momentan noch ein Alleinstellungsmerkmal.
  5. Spende einen Teil deines Umsatzes an eine LGBTIQA+-Organisation. Es gibt viele verschiedene Organisationen, die sich z. B. für sexuelle Orientierung/geschlechtliche Identität am Arbeitsplatz, Beratung für Jugendliche oder für die Lebensbedingungen von queeren Menschen in anderen Ländern einsetzen. Du kannst auch deine Zielgruppe darüber abstimmen lassen, an welche Organisation du spendest. Das ist ein super Beitrag für den Anfang in diesem Monat – ersetzt aber nicht Tipp 1.
  6. Lass deine (queere) Zielgruppe ihre eigenen Geschichten erzählen und integriere diese in deine Kommunikation.
  7. Mache eine interne oder öffentliche Umfrage über nervige Klischees, mit denen LGBTIQA+-Personen konfrontiert sind. Berücksichtige diese Ergebnisse immer, wenn du Darstellungen queerer Lebensweisen für deine Kommunikation verwenden möchtest.

Kanntest du den Begriff Queerbaiting schon? Oder hast du Fragen und Anregungen dazu? Hinterlasse sie mir gerne in den Kommentaren!

2 comments Queerbaiting vermeiden – So sprichst du die LGBTIQA+-Community wirklich an

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