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Wie gendern für welche Zielgruppe?

Der Titel „Wie gendern für welche Zielgruppe?“ steht in schwarzer Schrift auf einer hellblauen Bauchbinde. Das Hintergrundbild zeigt einen aufgeklappten Laptop mit einem aufgeschlagenen Blanko-Notizbuch davor auf einem Tisch. Daneben stehen eine Tasse Kaffee und eine Vase mit pinkfarbenen Blumen.

Zuletzt geändert am 13. Januar 2022

Du hast dich bereits mit den verschiedenen Arten zu gendern beschäftigt. Doch für welche sollst du dich bloß entscheiden? Das hängt auch von deiner Zielgruppe ab. Denn nicht für alle Leser*innen sind alle Varianten geschlechtergerechter Sprache gleich gut geeignet. Das hängt zum einen mit ihren Werten zusammen, aber auch mit ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten. Wie du die richtige Entscheidung für dich und dein Business oder Schreibprojekt triffst, erfährst du hier.

Kenne deine Zielgruppe: Worauf du beim Gendern achten solltest

Bei der Entscheidung für „deine“ Art zu gendern empfehle ich, dir drei grundlegende Fragen zu stellen:

  • Was sind deine Werte?
  • Wer ist deine Zielgruppe?
  • Wie viel Aufwand kannst du betreiben?

Wenn du selbstständig bist, hast du dir zu Beginn deiner Tätigkeit vermutlich schon einmal Gedanken darüber gemacht, für welche Werte dein Business stehen soll. Falls nicht, kannst du eine Werteliste aus dem Internet zu Hilfe nehmen. Werte wie Offenheit, Wertschätzung oder Gerechtigkeit sprechen besonders dafür, eine inklusive Art zu gendern auszuwählen. Zu deiner Zielgruppe kommen wir gleich noch. Versuche, sie so genau wie möglich kennenzulernen und beschreiben zu können. Das hilft dir später bei der Entscheidung.

Warum jetzt noch die Frage nach dem Aufwand? Ein häufiges Vorurteil gegenüber dem Gendern ist, dass es furchtbar anstrengend und zeitaufwendig sei. Dem würde ich nicht uneingeschränkt zustimmen. Dennoch ist es natürlich schon richtig, dass du dich zunächst in das geschlechtergerechte Schreiben einarbeiten musst. Alte Texte, zum Beispiel auf deiner Website, musst du nachträglich überarbeiten und an die gewählte Art zu gendern anpassen. Sofern du nicht selbst dein*e Chef*in bist, musst du womöglich auch noch Überzeugungsarbeit bei deinen Kolleg*innen und Vorgesetzten leisten. Manche meiner Kund*innen reden unermüdlich immer wieder auf die Menschen in ihrem Arbeitsumfeld ein, um überhaupt gendern zu dürfen. Hast du die Energie dafür?


Gendern online lernen

Du möchtest dich zusammen mit Gleichgesinnten ins Gendern einarbeiten oder dein geschlechtergerechtes Schreiben verbessern? Dann empfehle ich dir mein Online-Workshop-Programm Gendern leicht gemacht! Im kleinen Workshop verschaffst du dir einen Überblick der gängigsten Arten zu gendern und probierst sie in Kleingruppenarbeit ganz in Ruhe aus. Im großen Tagesworkshop lernst du zusätzlich, wie du mit komplizierten Formulierungen umgehst und wie du Gendern als zusätzliche Dienstleistung anbieten kannst, wenn du Texter*in, Lektor*in oder Übersetzer*in bist.

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Verschiedene Zielgruppe und passende Arten zu gendern im Überblick

Wie so oft im Leben gibt es auch beim Gendern nicht die eine Lösung für alle. Bis zu einem gewissen Grad musst du dich nach den Gewohnheiten und Bedürfnissen deiner Zielgruppe richten – vor allem wenn du im Auftrag deiner Kund*innen textest. In vielen Bereichen hat sich das Gendern einfach noch nicht etabliert und die ungehaltene mediale Debatte ist dem auch nicht gerade zuträglich. Dennoch solltest du die Frage nach deinen Werten nicht vergessen. Oft sind die Ängste und Bedenken ohnehin unbegründet und du darfst deinen Leser*innen ruhig mehr zutrauen! Schließlich folgen oder arbeiten sie mit dir in den meisten Fällen, weil sie deine Werte teilen.

Tipp: Falls du dich nicht traust oder kein Gendersternchen verwenden darfst, mach es wie ich und jubele deinen Kund*innen so oft wie möglich neutrale Formulierungen unter. 😉 So beziehst du alle Geschlechter ein und zeigst zugleich, dass Gendern gar nicht kompliziert sein muss.

Die folgende Auflistung soll dir einige Anhaltspunkte für deine Entscheidung liefern. Sie ist keine Schablone, die du 1:1 auf deine Situation übertragen kannst. Die Zielgruppen sind bewusst grob gewählt, sodass sie dir lediglich Orientierung bieten können. Grundsätzlich gilt: Du kennst deine Leser*innen am besten, interagierst täglich mit ihnen und weißt, wie sie ticken. Handelt es sich um indirekte Kund*innen, wenn du beispielsweise mit einer Agentur zusammenarbeitest, frage nach der Zielgruppenanalyse. Und denke daran, dass du deine Entscheidung später auch mal ändern kannst – sie ist nicht unumkehrbar.

Jüngere Zielgruppen

Bei jüngeren Zielgruppen ist das Gendern meist üblich oder zumindest bekannt. Mit Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich zu gendern, ist also kein Problem, grundsätzlich sind alle Varianten möglich. Nicht mehr so geläufig sind bei jungen Menschen die „Rentner*innen“ unter den Arten zu gendern: Binnen-I und Schrägstrich. Pauschalisieren lässt sich das jedoch nicht. Achte auch auf Überschneidungen jüngerer mit anderen Zielgruppen.

Ältere Zielgruppen

Senior*innen sind oft nicht so vertraut mit dem Gendern. Mit der Paarform kannst du hier nichts falsch machen. Viele kennen auch das Binnen-I oder den Schrägstrich. Diese Formen mögen zwar Rentner*innen unter den Arten zu gendern sein – aber gerade deshalb eignen sie sich gut für ältere Zielgruppen. Bedenke dabei, dass diese Varianten zwei, jedoch nicht alle Geschlechter einschließen. Ein Ausweg sind neutrale Formulierungen. Außerdem kannst du natürlich nicht pauschal allen Senior*innen unterstellen, vom Gendern noch nichts gehört zu haben oder es abzulehnen. Auch hier sind weitere Zielgruppenmerkmale entscheidend.

Konservative Zielgruppen

Bei konservativen Zielgruppen stoßen moderne Arten zu gendern wie Sternchen, Binnen-I und Schrägstrich häufig auf Kritik. Hier musst du kreativ werden. Neben der Paarform kannst du neutrale Begriffe oder das Prinzip der Rollenverteilung anwenden. Neutral zu formulieren, ist hier die sicherste und zugleich inklusivste Variante – wobei du möglichst geläufige Begriffe verwenden solltest, um nicht aufzufliegen.

Nichtmuttersprachler*innen

Wer Deutsch nicht als erste Sprache spricht und gerade erst lernt, kann mit dem Gendern je nach Herkunftssprache zunächst nicht viel anfangen. Auch weniger bekannte neutrale Formulierungen, wie sie oft im Genderwörterbuch stehen, sind vielen noch nicht so geläufig. Hier eignen sich am besten die Paarform und das Prinzip der Rollenverteilung sowie gängige neutrale Begriffe. Je nach Sprachlevel können weitere Formen eingeführt werden – diese solltest du dann auf jeden Fall kurz erklären.

Menschen mit Behinderung

Besonders für Menschen mit einer Lern- oder Sehbehinderung sind manche Arten geschlechtergerechten Schreibens nicht barrierefrei. Beim Gendern in Leichter Sprache wird von Expert*innen meist nur die Paarform empfohlen, dabei wird die männliche Form als bekanntere zuerst genannt. Nur sehr geläufige neutrale Formulierungen wie Leute, Person oder Mitglied sind ebenfalls möglich. Blinde und sehbehinderte Menschen arbeiten digital häufig mit einem Screenreader, der Texte für sie in Sprache ausgibt. Manche Sonderzeichen, meist Unterstrich, Punkt und Sternchen, werden dabei mitgelesen. Du solltest sie deshalb nur sparsam einsetzen. Mehr dazu erfährst du in meinem Blogartikel zum Thema Barrierefrei gendern.

LGBTQIA*-Zielgruppen

Hier stehen dir in der Regel alle Türen offen. Die meisten LGBTQIA*-Personen kennen sich mit dem Gendern aus und finden es auch wichtig. Der Gender-Gap ist hier gern gesehen! Wie immer kannst du auch hier nicht pauschalisieren und musst weitere Zielgruppenmerkmale berücksichtigen.


Hol dir die Zielgruppentabelle!

Übersichtlich zusammengefasst findest du diesen Blogartikel auch als Zielgruppentabelle in meinem „Gendern leicht gemacht“-Workbook zum Selbstlernen. Zusätzlich erwarten dich darin verschiedene Reflexions- und Textaufgaben zum geschlechtergerechten Schreiben und Sprechen. Das Workbook ist exklusiv für Newsletter-Abonnent*innen zum  Download erhältlich. Du bekommst es direkt nach deiner Anmeldung zugeschickt.

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Tipp: Frag deine Leser*innen!

Wenn du persönlich in Kontakt mit deiner Leser*innen bist, kannst du sie auch einfach fragen, wie sie zum Gendern stehen. Social-Media-Plattformen wie Instagram, Twitter, LinkedIn oder Facebook bieten dir die Möglichkeit, ganz einfach Umfragen zu erstellen. Auch in deinem Newsletter und im direkten Gespräch mit deinen Kund*innen kannst du nach Feedback fragen. So findest du leicht heraus, was deine Zielgruppe wirklich von deinem Weg  des Genderns hält.

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