Inhalt:
- Wen betrifft’s?
- Schwarz, weiß, PoC? Diese Begriffe gehen klar
- Do- und Don’t-Begriffe im Überblick
- Praxistipps für deine Kommunikation
- Wo du dich weiter informieren kannst
Wenn du in den letzten Wochen nicht gerade auf Digital-Detox-Kur warst, dürftest du am Thema Rassismus kaum vorbeigekommen sein. Seit der Ermordung des Schwarzen US-Amerikaners George Floyd nimmt die Debatte auch hierzulande wieder Fahrt auf. Und sicherlich sind auch dir viele hilfreiche Ressourcen zum Thema in die Timeline gespült worden.
Doch egal, ob das Thema neu für dich ist oder du dich schon vor den ganzen schwarzen Quadraten auf Instagram damit beschäftigt hast: Bei all den verschiedenen Begrifflichkeiten, die wir nutzen können oder tunlichst vermeiden sollten, ist es schwer, den Überblick zu behalten. Wie rede ich denn nun mit und über Menschen mit verschiedenen Hautfarben und ethnischen Hintergründen? Schweigen und Ignorieren ist schließlich keine Option! Auch für Unternehmen ist diese Frage wichtig, um interne Rassismusprobleme zu benennen, aber auch Unterschiedlichkeiten wertzuschätzen und Chancengleichheit zu schaffen.
Dieser Artikel liefert dir eine Übersicht verschiedener Begriffe, die du für diskriminierungsfreie Texte verwenden kannst – inklusive Praxistipps zur Anwendung. Das ist aber erst der Anfang des kleinen 1×1 Vielfalt wertschätzender Sprache. Lass mich gerne in den Kommentaren wissen, welchem Thema ich mich als nächstes widmen soll! Am Ende verlinke ich dir noch ein paar weiterführende Quellen, die sich tiefer mit dem Thema Rassismus beschäftigen.
Inhaltswarnung: Damit alle wissen, wovon genau die Rede ist und was sie NICHT sagen oder schreiben sollten, werden in diesem Beitrag rassistische Begriffe benannt, die es zu vermeiden gilt.
Wen betrifft’s?
Wie über wen gesprochen und geschrieben wird, hängt immer auch vom Kontext der jeweiligen Sprache und des jeweiligen Landes ab. Die US-amerikanischen Verhältnisse lassen sich natürlich nicht eins zu eins auf den deutschsprachigen Raum übertragen. Aufgrund der deutschen Geschichte, vor allem unserer nationalsozialistischen Vergangenheit, sind hier zum Beispiel manche Begriffe negativ konnotiert, die auf Englisch gängig sind. Deshalb lassen sich Wörter wie „Race“ oder „People of Color“ nicht einfach unproblematisch ins Deutsche übersetzen.
Aber nicht nur wie, sondern auch über wen wir sprechen, ist unterschiedlich. In Deutschland leben andere ethnische und nationale Minderheiten aus anderen historischen Gründen als in den USA. Nach Ethnie werden Bevölkerungsdaten hierzulande übrigens nicht kategorisiert – was auch wieder dem geschichtlichen Hintergrund geschuldet ist. Vier nationale Minderheiten allerdings sind in Deutschland offiziell anerkannt:
- die dänische Minderheit
- das sorbische Volk
- die friesische Volksgruppe
- die Sinti und Roma (gegendert: Sinti*zze und Rom*nja)
Hinzu kommen dann noch Migrant*innen bzw. nachfolgende Generationen sowie Geflüchtete. Menschen mit Migrationshintergrund machen in Deutschland rund ein Viertel der Bevölkerung aus. Als solche werden laut Statistischem Bundesamt Personen gezählt, die selbst oder von denen mindestens ein Elternteil eine Migrationserfahrung hat. Die Nachfolgegenerationen bezeichnen sich auch als postmigrantisch.
Natürlich zählt die Statistik Zugewanderte aus allen Ländern, also europäischen genauso wie arabischen oder afrikanischen. Doch wie dir vielleicht schon aufgefallen ist, werden in der medialen Kommunikation z. B. Schwed*innen eher nicht als mit Migrationshintergrund beschrieben… Stattdessen gilt der Begriff häufiger Bevölkerungsgruppen, die auch rassistischer Diskriminierung ausgesetzt sind – ohne dass sie immer auch tatsächlich einen Migrationshintergrund haben. Das Wort ist also nicht ganz unbelastet.
Schwarz, weiß, PoC? Diese Begriffe gehen klar
So, aber was darf ich denn nun sagen und was nicht? Bevor wir uns die verschiedenen Begriffe genauer anschauen, solltest du zwei Dinge wissen:
- Begriffe wie „Schwarz“ und „Weiß“ beziehen sich nicht konkret auf die Hautfarbe oder ethnische Herkunft einer Person, sondern sind gesellschaftspolitische bzw. soziale Kategorien. Es geht also nicht darum, um Farbtöne zu feilschen, auch wenn natürlich mit unterschiedlich heller Haut unterschiedliche Privilegien bzw. Diskriminierungen einhergehen können.
- Es gibt einen Unterschied zwischen Selbst- und Fremdbezeichnungen. Selbstbezeichnungen sind Begriffe, mit denen sich nichtweiße Menschen selbst definieren. Fremdbezeichnungen sind Begriffe, mit denen sie von anderen Menschen benannt werden – oft haben diese einen kolonialgeschichtlichen, nationalsozialistischen oder schlicht abwertenden Hintergrund.
Vielleicht ist dir schonmal die Abkürzung BIPoC begegnet, die inzwischen auch in Deutschland oft als Sammelbegriff für nichtweiße Menschen verwendet wird. Lass uns das mal aufschlüsseln:
- B steht für Black – auf Deutsch kannst du auch von Schwarzen Menschen sprechen. „Schwarz“ wird oft groß und/oder kursiv geschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich um soziale, nicht zwingend ethnische Kategorien handelt.
- I steht für Indigenous – damit ist vor allem die indigene Bevölkerung der Amerikas und Australiens gemeint. Im deutschsprachigen Raum wird das I daher oft weggelassen.
- PoC steht für Person of Color bzw. im Plural People of Color. Dieser Begriff ist eine Selbstbezeichnung von Menschen, die Rassismus erfahren können – aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft etc. Du kannst auf Deutsch auch Personen oder Menschen of Color sagen, aber nicht „Farbige*r“, da dieser Begriff negativ konnotiert und kolonialistisch geprägt ist.
Do- und Don’t-Begriffe im Überblick
BIPoC, BPoC, PoC, Schwarz und Weiß sind gängige Möglichkeiten, über Menschen mit verschiedenen Hautfarben und ethnischen Hintergründen zu sprechen. Um zu markieren, dass es sich um soziale Kategorien handelt, werden sie oft groß oder kursiv geschrieben. Daneben gibt es natürlich noch mehr Begriffe, die klar gehen, überhaupt nicht gehen oder bei denen du dir vielleicht nicht so sicher bist. Deshalb habe ich dir eine kleine Übersicht wichtiger Dos und Don’ts zusammengestellt:
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Am letzten Beispiel siehst du schon: Es geht nicht nur darum, Personengruppen respektvoll und richtig zu benennen, sondern auch eingebürgerte Bezeichnungen für Dinge zu hinterfragen, die auf rassistischen Begriffen basieren.
Praxistipps für deine Kommunikation
Es ist immer gut, eine Liste an Begriffen zur Hand zu haben, die du bedenkenlos nutzen kannst. Bei der Umsetzung tauchen aber oft noch weitere Fragen auf, wie ich auch beim Diversity Check immer wieder feststelle. Hier also noch ein paar Tipps für die Praxis:
- Schreibe immer von Menschen. Substantivierte Adjektive („der Schwarze“) sind zwar kein No-Go, richten die Aufmerksamkeit aber in erster Linie auf das Merkmal und nicht auf die Person. Dieser Tipp gilt in allen Kontexten – für Schwarze Menschen, alte Menschen, Menschen mit Behinderung etc.
- Überlege, ob das Merkmal wichtig ist. Spielt es für deinen Text eine Rolle, dass die Person of Color ist oder willst du nur plakativ darstellen, dass „sogar ne PoC dabei ist“, um dich zu profilieren?
- Akzeptiere die Selbstbezeichnungen und nutze nicht einfach andere, evtl. abwertende Begriffe, nur weil sie dir besser gefallen.
- Manche BPoC nutzen Fremdbezeichnungen für sich, sie eignen sie sich an. Das heißt aber nicht, dass du als weiße Person Fremdbezeichnungen nutzen kannst.
- Vermeide sogenanntes Othering. Sprich nach Möglichkeit nicht von „den Anderen“, „Fremden“ oder auch „Fremdenfeindlichkeit“ statt Rassismus.
Wo du dich weiter informieren kannst
Ich hoffe, du konntest von diesen Sprachtipps etwas mitnehmen. Schreib mir gerne in die Kommentare, welchem Aspekt Vielfalt wertschätzender Sprache ich mich als nächstes widmen soll!
Ich empfehle dir sehr, dich noch weiter über Rassismus zu informieren – bei Expert*innen, die dir das gewiss noch viel besser erklären können als ich. Hier sind einige meiner Quellen, Accounts, denen du folgen kannst, und Ressourcen, die bei mir noch auf der Leseliste stehen:
Sprache und Rassismus
Instagram-Kanal @erklärmirmal u. a. mit Videos zu Rassismus und Begrifflichkeiten:
https://www.instagram.com/erklaermirmal/channel/
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Dokumentation einer Fachtagung zu Rassismus und Sprache:
https://bilderimkopf.eu/wp-content/uploads/2015/11/Sprache-Macht-Rassismus-5MB.pdf
Glossar des Neue deutsche Medienmacher e. V.:
https://www.neuemedienmacher.de/wp-content/uploads/2014/11/NdM_Glossar_15_Nov_2014.pdf
Zeitschriftausgabe mit Artikeln zu Sprache und Rassismus vom Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in NRW:
https://www.ida-nrw.de/fileadmin/user_upload/ueberblick/Ueberblick022019_3.pdf
Rassismus allgemein
Doku „Afro.Deutsch“:
Blog und Buch „Deutschland Schwarz Weiß“ von Noah Sow:
https://www.noahsow.de/ Instagram: @noahsow
Buch „Exit Racism – Rassismuskritisch denken lernen“ von Tupoka Ogette:
https://www.tupoka.de/das-buch/ Instagram: @tupoka.o
Gibt’s auch bei Spotify: https://open.spotify.com/album/6LLl2tvQel0dJiTLQpTAUE?si=tnV9iXTsSqKF1VqSV3tIzg
Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen“ von Alice Hasters:
https://www.hanser-literaturverlage.de/autor/alice-hasters/ Instagram: @alice_haruko
Warum gerade jetzt die Proteste gegen Rassismus so groß sind:
Warum es keine menschlichen Rassen gibt:
https://www.quarks.de/gesellschaft/darum-ist-die-rassentheorie-schwachsinn/
Sonstiges
Wohin du spenden kannst:
Migrationsgeschichte in Deutschland:
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