Meine Ausbildung zur Diversity-Trainer*in: Woche 1


Kurz bevor die Welt auch hierzulande aus den Fugen geriet, absolvierte ich den ersten Teil meiner Ausbildung zur Diversity-Trainer*in bei living diversity in Berlin. Das waren spannende 5 Tage voller Input und Inspiration, über sich selbst nachzudenken. Auf Instagram habe ich jeden Tag meine Erkenntnisse in der Story geteilt. Hier möchte ich noch einmal zusammenfassen, was ich alles gelernt habe, und dir zeigen, wie so ein Diversity-Training eigentlich abläuft!

Wenn alle ein Thema haben: Vielfalt und Inklusion

Ungewöhnlich früh, um halb sieben, klingelte am Montagmorgen der Wecker. Ich war ein bisschen aufgeregt und hatte kaum geschlafen. Glücklicherweise musste ich zum Ausbildungsort nur zehn Minuten zu Fuß zurücklegen. Das mulmige Gefühl in meinem Magen rührte wahrscheinlich daher, dass mich Gruppen mit ausschließlich fremden Menschen anfangs immer etwas überfordern. Vor allem, wenn die Teilnehmer*innen alle vermeintlich älter und erfahrener sind als ich – damit habe ich schon öfter schlechte Erfahrungen gemacht.

Nachdem ich die Treppen bis ins Dachgeschoss hochgekraxelt war, wurde ich nicht nur von einem tollen Blick über ganz Berlin, sondern auch von den Anwesenden freundlich begrüßt. Als dann auch die Vorstellungsrunde überstanden war, ging es mir allmählich besser. Ja, es war sogar ein sehr gutes Gefühl, mit Menschen zusammen zu sein, die auch das Thema Diversity haben. Niemand musste sich erklären oder rechtfertigen. Wir hatten einfach einen gemeinsamen Nenner und das reichte schon für eine schöne, wertschätzende Atmosphäre.

Diversity-Training in der Theorie: 7 Dimensionen

Die erste Woche der Ausbildung stand ganz im Zeichen der Grundlagen. Wir hangelten uns an den 7 Dimensionen von Diversity entlang und erlebten zunächst aus der Teilnehmendenperspektive die Sensibilisierungsübungen, die wir später selbst anleiten werden. Außerdem beschäftigten wir uns mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Falls du mir schon länger folgst, hast du mich bisher vielleicht von nur 6 Dimensionen sprechen hören. Das liegt daran, dass es verschiedene Modelle gibt. Die siebte Dimension widmet sich der sozialen Herkunft. Ich werde sie von nun an auch in meine Arbeit miteinbeziehen.

Übungen zum Selbsterfahren

Da ich mich schon länger mit Diversity beschäftige, war mir die reine Theorie bereits vertraut. Richtig interessant wurde es aber bei den Sensibilisierungsübungen. Zur Einführung in jede Dimension gab es eine. Die Übungen sind darauf angelegt, emotional zu berühren. Und einige fand ich auch wirklich intensiv. Zum Beispiel die zum Thema sexuelle Orientierung. Zuerst sollten wir uns in unser 16-jähriges Ich zurückversetzen. Diese Visualisierung allein war schon viel für mich. 16 möchte ich definitiv nicht nochmal sein…

Anschließend wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt – homo- und heterosexuell. Ich stand auf der Heteroseite. Dann sollten wir schriftlich einige Fragen beantworten, die auf die Privilegien bzw. Benachteiligungen aufgrund sexueller Orientierung abzielten. Ich kreuzte überall Ja an. In Wirklichkeit hätte ich aber zu jeder Frage Nein sagen müssen. Das war ein fieses Gefühl. Die Teilnehmer*innen auf der anderen Seite waren überwiegend in der gegenteiligen Situation. Sie fühlten sich ähnlich und der Perspektivwechsel brachte uns alle zum Nachdenken.

Die meisten Übungen hatten so eine Wirkung. Je nach persönlicher Vorerfahrung berührten sie aber unterschiedlich tief. Sie rüttelten auf, verursachten Chaos, das in der Nachbesprechung neu sortiert wurde. Im Ergebnis hatten wir einen anderen Blickwinkel gewonnen und die jeweilige Dimension von allen möglichen Seiten betrachtet.

Lucia sitzt vor einer Backsteinwand und schaut etwas ermüdet in die Kamera.
Pause zwischen zwei intensiven Diversity-Ausbildungseinheiten – müde, aber zufrieden. 🙂

Was macht gute Diversity-Trainer*innen eigentlich aus?

Die theoretischen Inputs zeigten uns, wo individuell noch Wissenslücken bestehen. Die Übungen schärften unser Verständnis für vielfältige Lebensweisen, machten uns aber auch klar, an welchen persönlichen Erfahrungen wir noch zu knabbern haben. Allein das Diversity-Training selbst zu erleben, regte schon Gedankenprozesse darüber an, welche Kompetenzen ein*e gut*e Trainer*in haben sollte. Diese trugen wir am Ende der Woche zusammen – und überlegten, welche Fähigkeiten bei uns schon vorhanden sind.

Zuerst allein, dann in der Zweiergruppe stellte jede*r 15 schon gegebene Kompetenzen zusammen. Hier sind einige von meinen:

  • Zuhören können
  • Mut
  • eigener Stil
  • Gespür für die Gruppenatmosphäre
  • Empathie
  • Zielorientierung
  • Kritikfähigkeit
  • gut erklären können
  • Authentizität
  • Fähigkeit, Widerstände auszuhalten
  • Selbstreflexion

Natürlich habe ich noch viel zu lernen und Erfahrung zu sammeln. Aber es gut zu wissen, an welchem Punkt man gerade steht. Und genau dafür ist die Ausbildung zu Diversity-Trainer oder -Trainerin wichtig: Einerseits hat kein Mensch zu jeder Dimension eine eigene Erfahrung. Wir alle kennen nur unsere eigene Perspektive und müssen diese erst einmal wechseln. Zum anderen ist es gut und hilfreich, die vorhandenen eigenen Erfahrungen zu reflektieren, damit sie die eigene Arbeit nicht beeinträchtigen oder schwerer machen. Es ist einem ja auch nicht immer klar, mit welchen Themen man selbst noch Schwierigkeiten hat und wo noch Reflexionsbedarf ist. Jetzt weiß ich ein bisschen mehr – auch über mich selbst.

Diversity-Training online: So könnte es gehen

In der Vorbereitung für eine Übung sollten wir in Gruppen jeweils ein konkretes Problem erarbeiten. Das mit den meisten Interessebekundungen wurde schließlich im Plenum angegangen. Mein Problem schaffte es zwar nicht bis zur Lösung. Doch durch das Besprechen und die Nachfragen der anderen kamen mir schon einige Ideen. Meine Frage war: Inwiefern ist es möglich, Diversity-Trainings online anzubieten? Mir wurde klar, dass es kein einfacher Onlinekurs mit aufgenommenen Videos werden soll, sondern ein Live-Programm.

Wie genau ich es umsetzen möchte, darüber werde ich mir in den nächsten Wochen noch weitere Gedanken machen. Eine erste Anwendungsmöglichkeit des Gelernten habe ich mir aber schon überlegt (und inzwischen erfolgreich umgesetzt): Meinen Online-Workshop Gendern leicht gemacht!

Fazit: Was ich in Woche 1 gelernt habe

In dieser ersten Ausbildungswoche hat sich einiges in mir bewegt, ich habe mich viel mit mir persönlich beschäftigt. Und ich habe erstmal verstanden, was es überhaupt bedeutet, Diversity-Trainer*in zu sein. Dank der wunderbaren, wertschätzenden Gruppe konnte ich mein positives Gefühl zum Thema Diversity wieder zurückgewinnen, nachdem ich mich in letzter Zeit eher mit der Kritik auseinandergesetzt habe und vielleicht auch ein bisschen frustriert war.

Jetzt habe ich große Lust, das zu machen und bin sehr motiviert! Bis zur zweiten Woche – wann auch immer die nun stattfinden wird – habe ich noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen. Dann bin ich nämlich selbst dran und darf Übungen anleiten. Ich habe schon mit der Recherche angefangen! Und von der positiven Energie, die ich aus der Woche mitgenommen habe, werde ich mich durch diese seltsame Zeit tragen lassen, in der wir aktuell leben. Ich hoffe, du lässt dich von mir anstecken (nur mit Energie natürlich ) und verfolgst meine Reise zur Diversity-Trainerin weiter. Ich freue mich ganz besonders, wenn du dich auf die Warteliste für meinen Workshop schreibst!