Love is love – aber Liebe ist vielfältig! Liebe lässt sich nicht in Kategorien pressen. Allen, die diese Erkenntnis nachfühlen wollen, kann ich nur empfehlen, sich einmal mit Polyamorie und „alternativen Liebeskonzepten“ zu beschäftigen. Bücher und Content zu diesen Themen lehren so viel über die Liebe. Sie haben mir geholfen, ein wenig unabhängiger von gesellschaftlichen Konventionen zu denken und meine eigene Beziehung nach meinen und unseren Vorstellungen zu gestalten.
Geschlechtliche, sexuelle, romantische und Beziehungsvielfalt werden im Pride-Month Juni gefeiert! Doch nicht nur jetzt, sondern das ganze Jahr über stellt sich die Frage: Wie gehen wir beim Texten, Lektorieren oder Berichten mit dieser Vielfalt der Liebe um? Wie vermeiden wir es, Stereotype zu bedienen, in Klischeefallen zu tappen und Liebende auszuschließen? In diesem Artikel erfährst du es!
Glossar: So vielfältig ist die Liebe
Liebe entfaltet sich zwischen Menschen aller Geschlechter und jeglicher sonstiger Eigenschaften. Natürlich beeinflussen Kulturen, Gesellschaften und Normen mit ihrer ganzen Geschichte, wen und wie wir lieben – beziehungsweise, welche Formen der Liebe wir als „normal“ und welche als abwegig wahrnehmen. Diese Einflüsse lassen sich nicht mal eben in wenigen Zeilen erklären. Es lohnt sich aber, einmal die eigene Haltung zu hinterfragen: Hast du bestimmten Liebes- und Beziehungsformen gegenüber Vorbehalte? (Logisch, dass eine Beziehung nur in Übereinkunft zwischen einwilligungsfähigen Individuen möglich ist.)
Um dir verständlich zu machen, wie vielfältig Liebe aussehen kann, habe ich dir ein paar Begriffe zusammengestellt, deren Bedeutung du kennen solltest:
- heterosexuell/heteroromantisch: Menschen, die sich sexuell bzw. romantisch von Personen eines anderen als dem eigenen Geschlecht angezogen fühlen – der Heteronorm entsprechend in der Regel Männer zu Frauen und Frauen zu Männern
- homosexuell/homoromantisch: Menschen, die lesbisch oder schwul sind bzw. sich von Personen desselben/ähnlichen Geschlechts sexuell bzw. romantisch angezogen fühlen
- bisexuell/biromantisch: Personen, die sich von Menschen desselben und eines oder mehrerer anderer Geschlechter angezogen fühlen
- pansexuell/panromantisch: Menschen, die sich von Personen unabhängig ihres Geschlechts angezogen fühlen
- asexuell/aromantisch: Menschen, die sich gar nicht oder weniger stark sexuell und/oder romantisch von anderen Personen angezogen fühlen
- demisexuell/demiromantisch: Menschen, die sich erst sexuell bzw. romantisch von einer anderen Person angezogen fühlen, wenn sie mit dieser eine vertrauensvolle emotionale Beziehung aufgebaut haben
- polysexuell/polyromantisch: Menschen, sie sich sexuell bzw. romantisch von Personen verschiedener, aber nicht unbedingt aller Geschlechter angezogen fühlen
- polyamourös: Menschen, die mit mehreren Personen gleichzeitig sexuelle oder romantische Beziehungen führen (i. d. R. im Einverständnis aller Beteiligten)
- (queer-)platonisch: Menschen, die enge, intime emotionale Beziehungen mit anderen Personen führen, die sexuellen bzw. romantischen Beziehungen ähneln – nur ohne Romantik und Sex (z. B. zwischen asexuellen/aromantischen Personen oder auch zusätzlich zu einer romantischen/sexuellen Beziehung)
Quelle und weitere Definitionen: https://queer-lexikon.net/glossar/
Ist die Ehe diskriminierend?
Während du das Glossar gelesen hast, ist dir vielleicht aufgefallen, dass diese Liebes- und Beziehungsformen in unserer Gesellschaft nicht alle den gleichen Stellenwert haben. Vielleicht hast du von einigen der Begriffe sogar noch nie etwas gehört. Bei der Liebe denken viele von uns direkt an Paarbeziehungen, meist hetero, die schließlich in Ehe, Haus und Kindern münden. Wer single ist, wird bemitleidet. Wer keine Kinder hat, wird vor allem als Mensch mit Uterus ständig gefragt, warum nicht. Und wer mehr als eine_n liebt, darf sich auf einiges an Diskriminierung gefasst machen. Auch gesetzlich.
Seit 2017 gibt es in Deutschland zwar die „Ehe für alle“ – aber wirklich für alle existiert sie eigentlich nicht. Inter, trans und nichtbinäre Menschen müssen auf dem Weg zur Hochzeit nach wie vor einige Hürden überwinden. Und eine Ehe zwischen mehr als zwei Personen ist hierzulande bei Strafe verboten – genauso wie in weiten Teilen der Welt. In 40 Ländern, vor allem im afrikanischen und arabischen Raum, ist Polygamie jedoch erlaubt – allerdings oft unter ganz anderen Vorzeichen. Die meisten erlaubten Poly-Ehen bestehen aus einem Mann und vielen Frauen. Das UN-Menschenrechtskomitee sieht darin eine Abwertung und Diskriminierung von Frauen.
Manche hinterfragen das Konzept Ehe grundsätzlich: Warum sollte eine bestimmte Art der zwischenmenschlichen Beziehung anderen gegenüber bevorzugt werden? Ein häufiges Argument ist die Gründung einer Familie. Doch längst nicht alle Eheleute wollen oder bekommen Nachwuchs. Und Familie beschränkt sich nicht auf Blutsverwandtschaften und „Mutter, Vater, Kind“. In einigen queeren Familien werden andere Konzepte gelebt – wie zum Beispiel das Co-Parenting.
Ich will dir damit nicht sagen, was richtig oder falsch ist, sondern einfach verschiedene Perspektiven auf das Thema zeigen, mit denen du dich gern weiter beschäftigen kannst.
Wie du inklusiv über die Liebe schreibst
Wenn dir jetzt der Kopf brummt, merkst du schon, wie klein der Ausschnitt war, den du zum Thema Liebe bisher im Blick hattest. Dein nun erweiterter Horizont soll dich beim Schreiben gar nicht einschränken. Im Gegenteil: Je mehr Vielfalt ich in mein Denken lasse, desto kreative werde ich! Damit es dir bald auch so geht, möchte ich dir ein paar konkrete Ideen mit auf den Weg geben, die Liebe inklusiv und wertschätzend zu beschreiben.
1. Verwende vielfältige Darstellungen
Nein, du musst jetzt nicht in jedem Satz über die Liebe sämtliche Beziehungsformen mitnennen – und du sollst auch kein Queerbaiting betreiben. Aber wenn du Liebe realistisch darstellen willst, möchte ich ganz selbstverständlich auch mal einen lesbischen oder schwulen Kuss, eine Regenbogenfamilie oder ein Throuple Hand in Hand in Hand gehen sehen.
2. Informiere dich über verschiedene Liebes- und Lebenskonzepte
Dir kommen bei Polyamorie und queeren Beziehungen nur Klischees in den Kopf? Lerne die Liebes- und Lebenskonzepte verschiedener Kulturen und Menschen kennen! Ich habe zum Beispiel das Buch „Treue ist auch keine Lösung“ gelesen (vom Titel nicht irritieren lassen), mit Freund_innen gesprochen, einige Folgen aus dem Podcast „Vogelperspektive“ gehört – und natürlich stehen dir die Weiten des Internets und der sozialen Medien mit vielen weiteren Infos und Erfahrungsberichten zur Seite.
3. Vermeide Stereotype
Mal ehrlich – wie sehr entsprachen deine bisherigen Beziehungen den Darstellungen in Romantikkomödien oder Märchenfilmen? Wenn das deine Realität ist, dann bist du eine_r von wenigen. Streiche stereotype Rollenbilder aus deinen Texten und lass dir mal was Neues (und Realistischeres) einfallen. Setze nicht voraus, dass all deine Protagonist_innen und Leser_innen in heteronormen Paarbeziehungen leben! Beschreibe Eltern nicht immer als den Vater und die Mutter mit klischeehafter Eigenschafts- und Aufgabenverteilung. Die Welt ist vielfältiger als das!
4. Erweitere dein Sortiment auf queere Menschen
Vielleicht bietest du selbst Produkte an, die sich an Liebende oder Familien richten. Jedes gleichgeschlechtliche Paar ist genervt, wenn Hochzeitsdeko nur für „Mr. & Mrs.“ verkauft wird, Paartarife schließen womöglich den Dritten und die Vierte aus und Kinder wünschen sich ein Bilderbuch, in dem sie ihre Familie wiedererkennen können.
5. Formuliere deine Texte inklusiver
Bezieht sich dein Text auf Liebe, Beziehung oder Familie, dann schließe die Vielfalt der Liebe auch durch deine Formulierungen mit ein. Dazu gehört zum Beispiel eine gendergerechte Sprache. Und wenn du ein bisschen um die Ecke denkst, findest du leicht Wege, alle anzusprechen, ohne jede Beziehungsform explizit mitnennen zu müssen. Ein Beispiel: Statt „Bei uns findest du tolle Geschenke für deine_n Partner_in“ schreibst du einfach „Bei uns findest du tolle Geschenke für deine Liebsten“. Mit entsprechender Illustration und durch den Kontext machst du deutlich, um welche Liebsten es sich handelt – zum Beispiel Freund_innen, Verwandte oder Partner_innen. Nebenbei erweiterst du so vielleicht noch deine Zielgruppe!
Zum Schluss: (Queere) Liebe existiert…
Behalte immer im Kopf, dass Liebe vielfältig ist, wenn du über sie schreibst und sprichst. Beziehe alle ihre Facetten mit ein und schreibe so interessanter, vor allem aber inklusiv und für alle Menschen. Denn Liebe existiert…
- zwischen zwei, drei oder mehr Menschen
- auf romantischer, sexueller oder platonischer Ebene
- zwischen Menschen aller Geschlechter
- unabhängig von Herkunft, Körperbau, Behinderung oder Aussehen
- zwischen dir und dir
- manchmal auch nicht, obwohl sie zu bestimmten Menschen vorausgesetzt wird
- zwischen Freund_innen, auf Distanz oder zwischen Menschen, die sich nur aus dem Internet kennen
- in deiner Fantasie
- und im echten Leben
- auf ihre eigene Weise.
Wie könntest du diese Vielfalt der Liebe noch in deinen Texten sichtbar machen? Schreib deine Ideen in die Kommentare!