Was ich als Diversity-Texterin 2019 gelernt habe


Der erste Monat dieses Jahres ist schon fast rum. Zeit, den Blogrhythmus (alle zwei Wochen ein neuer Artikel) wieder aufzunehmen! In den letzten drei Wochen habe ich ausgewertet, reflektiert und geplant. Bevor ich dir aber den spannenden neuen Content aus meiner Ideenliste für 2020 zuteilwerden lasse, möchte ich mit dir gemeinsam auf das zurückblicken, was ich 2019 als Diversity-Texterin gelernt habe. Schließlich war es mein erstes vollständiges Jahr als Selbstständige mit Fokus auf Vielfalt und Inklusion! Und ich bin mir sicher, dass auch du von meinen Erfahrungen und Learnings profitieren kannst. Also: auf zu einem Jahresrückblick mit vielen Einblicken in meinen Alltag!

Neues Jahr, neue Aufgaben!

Das Jahr 2019 beginnt mit vielen Aufträgen, aber auch eigenen neuen Projekten. Ende Januar geht mein erster Blogartikel online. Im Laufe des Jahres folgen 13 weitere.

Um meine Arbeitszeit zu optimieren, fange ich an, sie zu tracken – auch, wenn es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Für 2020 habe ich entschieden, das nicht mehr zu machen. Vor allem im Herbst habe ich gemerkt, dass sich mein Fokus zu sehr auf die Stundenanzahl verschoben hat und weg von dem, was ich tatsächlich in der vermeintlich kurzen Zeit alles schaffe. Ich bin eben relativ schnell, brauche dann aber auch meine Pausen.


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Besuch beim Stottertherapeuten

Im März besuche ich den lieben Hans von Stop Stottern bei einem seiner Seminare in Berlin. Das ist mein erster persönlicher Termin mit einem Kunden und die beiden Tage sind sehr spannend und bereichernd. Die Stottertherapie selbst einmal mitzuerleben, hilft mir, mich besser in die (potenziellen) Teilnehmer*innen hineinzuversetzen. Auch wenn ich niemals wissen werde, wie es sich anfühlt zu stottern: Die freundlichen betroffenen Menschen gewähren mir einen eindrücklichen Blick in ihre Gefühlswelt. Und ich atme, meditiere und „feedbacke“ fleißig mit. Über diese Erfahrung schreibe ich einen ausführlichen Bericht, der Interessierten vermittelt, wie so ein Seminar im Detail abläuft. Diese Aufgabe macht mir unglaublich viel Spaß.

Meditieren vs. schreiend im Kreis rennen

Ebenfalls im März bereite ich mein erstes Insta-Live vor und bin ziemlich aufgeregt. Ausgerechnet am geplanten Termin ist Instagram down und ich muss den Termin verschieben. Der perfekte Zeitpunkt, mit dem Meditieren anzufangen… Mit zwei Zuschauerinnen überstehe ich am 14. März schließlich das Live-Video – und mache sowas danach nicht so bald wieder. Dafür akquiriere ich neue Kundschaft und überarbeite inspiriert von verschiedenen Büchern und Podcasts meinen Diversity-Check.

Als ich im April gerade mit meiner Freundin an der Ostsee entlangwandere, meldet sich die erste Person auf meine Suche nach Testkund*innen. Mein erster Gedanke: Wow, total cool! Aber was, wenn sie den Diversity-Check total scheiße findet…? Wir lösten den Knoten in meinem Hirn so: „Anna? Ich renne mal eben schreiend im Kreis, ja?“ – „Okay, ich mach mit, dann ist es dir vielleicht nicht so peinlich, wenn jemand vorbeikommt.“

Lucia steht mit einem Wanderstock in der Hand am Wegesrand und lächelt in die Kamera. Im Hintergrund ist das Meer zu sehen.
Nach dem Im-Kreis-rennen an der Ostsee…

Ein Sommer voller Jahres-Highlights

Im Mai setze ich mich dann an die Texte meiner Testkund*innen und merke, wie viel Spaß mir diese Arbeit macht. Wie schon im Jahr davor besuche ich die re:publica und nehme dort an einem Workshop teil, bei dem ich in meiner Gruppe mit Abstand die Jüngste bin. Über meine Erfahrung, dort überhaupt nicht gehört und ernstgenommen zu werden, mache ich mein erstes IGTV-Video mit dem Titel „Altersdiskriminierung, weil zu jung?“. Aus den zahlreichen Kommentaren zum entsprechenden Feed-Beitrag wird ersichtlich, dass viele von euch das Problem kennen.

Ebenfalls im Mai überschreite ich zum ersten Mal mein monatliches Wunsch-Umsatzziel. Zur Belohnung und zum Geburtstag schenke ich mir einen neuen Arbeits-Laptop, der leistungsfähig genug ist, auch Videoschnitt und Fotobearbeitung mühelos auszuhalten.

Im Juni bekomme ich wunderbares Feedback zu meinem Diversity-Check und erste Kund*innenstimmen. Darüber hinaus werde ich zu einem Videointerview übers Gendern eingeladen! Ich bin in heller Aufregung und freue mich. Kurze Zeit später bekomme ich die Anfrage, ebenfalls übers Gendern einen Blogartikel auf Englisch zu verfassen. Die Dinge scheinen zu laufen und ich nehme beides an. Aber natürlich habe ich dabei auch große Ängste und Unsicherheiten zu überwinden – vor dem Schreiben auf Englisch und dem Präsentieren vor der Kamera. Dennoch gelingt mir beides besser, als ich gedacht hätte!

Am 1. Juli ist der große Tag: Ich gebe Lilli Koisser ein Interview. Wie mir später gesagt wird, bringe ich mein Thema souverän rüber und wirke seriös. Von der Angst und Unsicherheit lasse ich mir gar nicht so viel anmerken. Das liegt bestimmt auch an dem Zettel, den mir meine Freundin an den Schreibtisch geklebt hat. Drauf steht: „Du schaffst das schon “. In derselben Woche gebe ich meinen Artikel für Scribbr ab. Dank des hilfreichen Lektorats der Qualitätsmanagerin ist mein Englisch tatsächlich verständlich.

Motiviert in die zweite Jahreshälfte

Nach einem entspannten Urlaub mit Stationen am Bodensee, in München und in Erfurt starte ich beschwingt in die zweite Jahreshälfte. Ich gewinne meine erste „offizielle“ Diversity-Check-Kundin. Außerdem absolviere ich Lillis Blog-Gold-Kurs, der mir neue Motivation für meinen Blog gibt. Am 3. September feiert mein kleines Unternehmen sein einjähriges Jubiläum! Aus diesem Anlass erstelle ich meinen ersten kostenlosen E-Mail-Kurs „Richtig gendern: So findest du DEINE geschlechtergerechte Sprache“, den inzwischen schon über 30 Menschen absolviert haben.

Von großen Entscheidungen und dem Umgang mit Kritik

Der Herbst verläuft weniger aufregend. Vielmehr beginnt nun eine Phase, in der ich viel darüber nachdenke, wie es jetzt weitergehen könnte. Für mein Studium habe ich kaum noch Zeit und ehrlich gesagt steht die Selbstständigkeit für mich schon lange im Vordergrund. Ich beschließe also erst einmal, ein Semester lang keine Kurse zu machen. Ich melde mich lediglich für den Italienischkurs an, weil ich die Sprache schon immer gerne lernen wollte. Außerdem überlege ich, eine Ausbildung zur Diversity-Trainerin zu machen.

Als eine Freundin mit Sehbeeinträchtigung mir erzählt, dass sie ihr Studium abbrechen muss, wenn sie nicht bald eine Assistenz findet, biete ich mich an. Ich kann aus dieser praktischen Erfahrung schließlich auch viel lernen für meine Hauptarbeit. Ich fange also an, sie zu Vorstellungsgesprächen zu begleiten, Texte zu formatieren und Lehrmaterial barrierefrei digital aufzubereiten.

Leider mache ich im Herbst auch meine ersten Erfahrungen mit Anfeindungen. Durch Zufall entdecke ich, dass ich für eine unglückliche Formulierung öffentlich angeprangert werde. Auf meine Entschuldigung und Bitte um Aufklärung bekomme ich erst ein Gespräch angeboten. Doch auf meine Terminvorschläge meldet sich niemand mehr. Ich suche mir die nötigen Informationen daraufhin selbst zusammen und leihe einige Bücher aus der Uni-Bibliothek aus. Zielführender fände ich es jedoch, Menschen auf ihre Fehler hinzuweisen, statt sie gleich mit gewissen Ideologien auf eine Stufe zu stellen. Von der anderen Seite aus werde ich dem gegensätzlichen Extrem zugeordnet. Jemand, von dem ich es nie gedacht hätte, sagt mir, ich sollte lieber nicht über meine Spezialisierung sprechen, wenn ich nicht gefragt werde – viel zu radikal und sowieso „Sprachvergewaltigung“, was ich da betriebe. (Er hatte übrigens gefragt…) Es wäre gelogen zu sagen, dass mich diese Ereignisse nicht runterziehen.

Bloß nicht den Fokus verlieren…

Ich versuche mich an den Rat der vielen wohlwollenden Menschen in meinem Umfeld zu halten: Ich fokussiere mich auf diejenigen, die ich wirklich ansprechen will, die von meinem Angebot profitieren und meine Arbeit wertschätzen. Dazu mache ich eine Aufstellung von gutem und schlechtem Feedback der letzten Wochen. Es steht 11:2. Mit dieser Gewissheit starte ich in den Jahresendspurt. Ein Treffen mit Alexandra, die die Ausbildung zur Diversity-Trainerin schon gemacht hat, motiviert mich dazu, mich endlich auch anzumelden. Meine Runde beginnt im März 2020!

Im Dezember steht viel Arbeit an. Bis zum 19. muss alles fertig sein und ich habe mir wohl etwas zu viel vorgenommen. Nebenbei nehme ich an einer Weihnachtskartenaktion teil, lasse Karten drucken und mache ein Jahresabschlussvideo für meine Kund*innen und Newsletterabonnent*innen. Daraus resultieren tolle neue Kontakte und wertvolle (E-Mail-)Gespräche. Hinzu kommen noch einmal wunderbare Bewertungen und Kund*innenstimmen – zum Beispiel von Sabine und Sinem.

Screenshot der Kund:innenbewertungen auf FacebookMeine 5 wichtigsten Learnings 2019

2019 war ein spannendes Arbeitsjahr – mit glitzernden Highlights, Tiefpunkten und allem, was dazu gehört. Ich habe viel gelernt, wahrscheinlich mehr, als ich jetzt wiedergeben kann. Hier sind meine fünf wichtigsten Erkenntnisse:

  • Ich kann mehr, als ich denke, und darf mir immer wieder neue Dinge zutrauen.
  • Kritik aus den eigenen Reihen ist hart und es fällt mir nicht leicht, damit umzugehen. Doch ihr zeigt mir immer wieder, dass auch ihr euch in aktivistischen Szenen oft ausgeschlossen fühlt und euch mehr Sachlichkeit wünscht.
  • Je genauer ich arbeite und recherchiere, desto geringer ist die Gefahr, jemanden mit Fehlinformationen vor den Kopf zu stoßen.
  • Die Selbstständigkeit funktioniert für mich, weil sie mir einerseits Spaß macht und ich zum anderen auch davon leben kann.
  • Viele Menschen finden meine Arbeit gut und wichtig. Ich bin dankbar für das wundervolle Feedback, das ich 2019 bekommen habe.

Volle Kraft voraus in ein neues Jahr voller neuer Herausforderungen!

Danke an alle Menschen, die mich 2019 begleitet haben. Danke an DICH! Ich freue mich schon richtig auf dieses neue Jahr 2020 mit dir! Im März also beginnt meine Ausbildung zur Diversity-Trainerin. Ab der zweiten Jahreshälfte gibt es dann vielleicht schon ein erstes Trainingsangebot! Ich möchte meine Website überarbeiten, neue Fotos machen lassen und natürlich auch weiterhin zweimal im Monat bloggen.

Der erste Gastartikel ist schon in Planung und ich möchte mehr davon! Schon öfter haben sich Leser*innen gewünscht, „Own Voices“ zu den verschiedenen Diversity-Themen zu hören. Deshalb sollen hier 2020 auch andere Stimmen zu Wort kommen – egal, ob in einem Interview oder Gastartikel. Und hier kommst du ins Spiel! Kennst du dich mit einem Diversity-Thema aus? Bietest du im Bereich Vielfalt wertschätzende Kommunikation oder barrierefreies Web etwas an? Oder möchtest du mit mir über deine Wünsche und Bedürfnisse als Mensch aus einer marginalisierten Personengruppe sprechen? Ich freue mich, wenn du dich bei mir meldest!

… und wie war dein Jahr? Schreib mir doch deine wichtigsten Learnings in die Kommentare!